Lost Place Fototour Likolit Kohlmühle


Wir befinden uns im Tal der Sebnitz in dem beschaulichen Örtchen Goßdorf-Kohlmühle. Es liegt genau zwischen der Lausitzer Überschiebung, also dort wo sich der Lausitzer Granitfels von den Kreidesandsteinen des Elbsandsteingebirges trennt. Durchs Sebnitztal in Richtung Ulbersdorf oder nach Bad Schandau führt ein wunderschöner Wanderweg an dem sich Natur pur genießen lässt. Umso unwirklicher erscheint die alles überragende Industriebrache des ehemaligen Linoleum Werkes wenn man Goßdorf Kohlmühle erreicht...

Blick ins Sebnitztal auf Goßdorf Kohlmühle mit der riesigen Fabrikanlage. Links am Horizont lässt sich der Lilienstein erkennen.

Die Fabrik liegt unmittelbar an der Eisenbahnlinie Bautzen - Bad Schandau und hatte früher auch einen eigenen Gleisanschluss.

Blick von der gegenüberliegenden Seite über das Sebnitztal.


Aus der Geschichte

Blick auf die Keffel Werke Kohlmühle mit Bahnhof und Ort um 1920. Postkarte, Verlag R. Trzaska, Hertigswalde, Repro B. Hauptvogel, Sammlung A. Förster
Blick auf die Keffel Werke Kohlmühle mit Bahnhof und Ort um 1920. Postkarte, Verlag R. Trzaska, Hertigswalde, Repro B. Hauptvogel, Sammlung A. Förster

 

111 Jahre lang wurde in diesen Hallen produziert, nachfolgend ein paar Stichpunkte über die Vergangenheit des Werkes.

 

- 1902 / 1903 Bau und Eröffnung als Papierfabrik mitten in der Sächsischen Schweiz

- zur damaligen Zeit ein sehr moderner Industriebau zur Herstellung von Papierprodukten

- 1906 Übernahme durch die Eduard Keffel AG, Beginn mit der Herstellung von Kunstleder und Wachstüchern

- 1921 Beginn mit der Produktion von Tisch - und Drucklinoleum

- von 1939 - 1945 (2. Weltkrieg) teilweise Kriegsproduktion für die Junkerswerke Dessau

- 1952 Verstaatlichung der Betriebe in der DDR, dies führte zum Namen VEB Linoleumwerk Kohlmühle

- bis Ende der 60ér Jahre Modernisierungen & Erweiterungen. Einbau von Technik aus Westdeutschland, somit war der Betrieb einer der modernsten Hersteller von Fußbodenbelägen mit hohen Sicherheitsstandards

- November 2013 der Betrieb geht in die Insolvenz

- März 2014 Stilllegung des Betriebes

- Mai 2016 Versteigerung für 35.000€ an einen privaten Investor

> Zukunftsvision: Ausbau zur "Kulturfabrik Kohlmühle"

> momentan ( Stand Ende 2017) Entkernung der Gebäude / Nutzung als Lost Place Fotolocation durch den Veranstalter Fotofestival Sandstein

Altlasten bis unter die Decke

Mit der Entkernung und geplanten Wiedernutzbarmachung hat sich der neue Besitzer einer Herkulesaufgabe gestellt. Das komplette Werk ist vom Keller bis unters Dach voll mit Altlasten. Teilweise herrscht sogar noch Unklarheit über die im Werk lagernden Substanzen. Auch auf meiner ersten Fototour durch die Fabrikhallen im September 2017 wurde es mir stellenweise etwas anders als ich sah was denn da mitunter alles so von der Decke tropft, in rostenden Behältern vor sich hingammelt oder auf den Böden verteilt liegt oder schwimmt.

 

Zum bisher größten Zwischenfall kam es am 29.Mai 2015 als eine ölige Flüssigkeit im Lachsbach entdeckt wurde. Die Flüssigkeit stellte sich als der Weichmacher Dioctylphythalat heraus, der irgendwo im Werk aus einem defekten Tank direkt in die Kanalisation und weiter in den Fluss gelangte. Bleibt zu hoffen dass hier in den nächsten Jahren sämtliche Gefahrenquellen beseitigt werden können und die Fabrik wieder nutzbar gemacht werden kann - vielleicht sogar als Touristenattraktion wovon schließlich auch der im Bahnhof Kohlmühle ansässige Schwarzbachbahnverein profitieren würde, der sich dem teilweisen Wiederaufbau der ehemaligen "K-H Linie" (Kohlmühle - Hohnstein Schmalspurbahn) verschrieben hat. Doch das steht alles noch in den Sternen...

Erlebnis Lost Place

Im September 2017 nahm ich an einer Lost Place Fototour des Veranstalters Fotofestival Sandstein teil. 7 Stunden lang kann man sich nach vorheriger Einweisung und kurzer Führung in Eigenregie in den Werkshallen austoben. Und so viel ist klar, die Zeit reicht bei weitem nicht aus um hier alles zu entdecken. Einfach gigantisch erscheinen die Räume und die Fotomotive lauern hinter jeder Ecke. Noch ist der Lost Place Charakter voll vorhanden, in den nächsten Jahren wird sich das wohl ändern...

In der nachfolgenden Galerie möchte ich einige der gesammelten Eindrücke vermitteln.


Jens Vogel, November 2017